Teil 5: Post vom Amt!

Jetzt ist es also soweit: Ich habe eine Einladung zum Termin von der Arbeitsagentur bekommen. Per Mail und in meinem Briefkasten. Doppelt hält wohl auch in den Augen der Agentur besser. Für einen kurzen Moment klopft mein Herz ein bisschen schneller bei dem Gedanken, dass ich der Dame vom Amt demnächst Rede und Antwort stehen muss: Was ich denn so kann. Was ich denn gedenke, jetzt zu machen. Und vielleicht auch, was ich in den vergangenen Wochen schon für meine Zukunft getan habe.

 

Ich könnte ihr erzählen, dass ich in den vergangenen Wochen das Leben genossen habe. Es genaugenommen immer noch tue. Wie vielleicht noch nie zuvor, jedenfalls seitdem ich erwachsen bin. Ein Leben in Freiheit und Unbeschwertheit. In einem Pendel aus Nichtstun und einfach mal machen. Freude pur als Kompass, alles darf, nichts muss.

 

Ich könnte ihr sagen, dass ich viel über das Leben gelernt habe, ganz ohne vom Amt bezahlte Fortbildung. Dass ich mich selbst noch ein bisschen besser kennenlernen durfte, obwohl ich doch schon Mitte fünfzig bin. Ich könnte ihr verraten, dass ich schon ziemlich gut weiß, was ich nicht mehr will. Und dass es mir guttut, immer mal wieder still zu werden, vertrauend auf den nächsten Impuls. Und dass das dennoch nur relativ wenig mit einem Leben in der Hängematte zu tun hat.

 

Ich könnte ihr auch anvertrauen, dass ich darauf hoffe, dass es so weitergeht. Nicht, weil ich zu faul bin fürs Leben. Ganz im Gegenteil: Weil ich bereit bin fürs Leben. Ich fühle mich wirklich bereit, mich voll aufs Leben einzulassen und auf das, wofür ich hier bin. Dass ich mir erlauben will, der Freude und nichts als der Freude als Kompass zu folgen und so meinen Weg zu finden. Dass ich daran glaube, dass sich auf diese Weise die besten Ideen entfalten, dass ich mit den besten Menschen zusammenarbeite, für die besten Projekte – und damit unzählige Menschen wirklich erreiche, die genau das wollen. Und dass, obwohl ich vom Besten schreibe, es doch rein gar nichts mehr mit „schneller, höher, weiter“ zu tun hat. Sondern vielmehr mit dem absoluten Vertrauen in mein Bauchgefühl, der Demut vor dem Leben und der Dankbarkeit für alles, womit wir tagtäglich beschenkt werden. 

 

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Ich weiß nicht, ob mich die Frau vom Amt verstehen wird. Ob sie das überhaupt hören will und wieviel Zeit sie für mich hat. Ob es menscheln darf in der Amtsstube? Oder muss sie neutral bleiben, damit ich sie nicht emotional oder gar finanziell über den Tisch ziehe? Ich weiß das alles nicht. Es sind noch fünf Wochen bis zum Termin. Ich schwanke zwischen mich-vorbereiten-Wollen und einfach-Sommer-genießen. Ich vermute, es wird auf Letzteres hinauslaufen.

 

Ich stelle mir gerade vor, wie das Leben meinen Gedanken lauscht. Ob es wöllte, dass ich mir Stress mache, fünf Wochen vorher, fünf Wochen lang? Oder ob es viel lieber der Schaukel, auf der ich Platz nehmen könnte, einen Schubs geben würde, damit ich der Sonne noch ein Stück näherkomme?

 

Wenn ich mir die vergangenen Monate anschaue, werde ich den Eindruck nicht los, das Leben will gefeiert werden. Ein bisschen Hängematte, ein bisschen Schaukel und dann – wenn die Zeit reif ist, mit einem BÄM aufs Amt, um der Zukunft Leben einzuhauchen.

 

Mag sein, dass das alles nur Wunschdenken ist. Aber ich halte viel von dem Spruch „Freut euch nicht zu spät!“ Denn wer sagt eigentlich, dass wir für alles im Leben ewig Zeit haben?

 

Dennoch: Die Vorstellung, mit Mitte achtzig im Garten der Seniorenresidenz oder vielleicht auch der Alten-WG zu sitzen und mit einem breiten Grinsen an diese Zeit und das genussvolle Nichtstun zurückzudenken, gefällt mir und lässt mich noch ein Stück gelassener werden. Was soll schon passieren?

 

Im besten Falle kommt noch eine gute Geschichte dabei auf den Weg – lange, bevor ich die 85 erreicht habe. 

 

Brit Gloss Kapitel 5 des Blogs Raus aus dem Job - und wie weiter? Zukunft gestalten
Foto: Christin Wetzel
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