„Hab ich dir eigentlich schon erzählt...?“ Wenn mir mein Sohn von gravierenden Neuerungen und Plänen in seinem Leben erzählen will, beginnt er sie nicht selten mit diesen Worten. Es klingt dann weniger bedeutsam.
So, als könnte es durchaus sein, dass wir uns neulich schon beim Kochen darüber unterhalten haben. Dabei ist es oft genau das: bedeutsam. Meist mit einhergehenden grundlegenden Veränderungen. Manchmal frage ich mich, ob er sich beim Darüber-reden-wollen selbst noch nicht ganz sicher ist, oder ob er vielmehr mich schützen will. Damit ich nicht aus Versehen aus allen Wolken falle.
Ich bin also gewappnet, wenn er seinen Satz so beginnt und weiß: a) er hat es mir mit höchster Wahrscheinlichkeit noch nicht erzählt und b) es ist gut, jetzt sehr genau hinzuhören, denn es stehen gerade entscheidende Neuigkeiten ins Haus. Zuletzt läutete mein Großer mit diesem Satz seinen Auszug aus unserer Wohnung und den Einzug in eine WG ein. Immerhin in derselben Stadt.
Heute Mittag ist er zum Essen bei mir, wir haben also Zeit zum Reden. Die Gelegenheit ist günstig, um ihn in mein Vorhaben einzuweihen. Wir sitzen bei Gemüsecurry am Esstisch, und ich könnte beginnen mit „Hab ich dir eigentlich schon erzählt...?“ Ich spüre, wie sich mein Herzschlag beschleunigt, in einer turbulenten Mischung aus Vorfreude aufs Erzählen und Neugier auf seine Reaktion. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er die Idee gut findet. Und es ist eine schöne Vorstellung, meinen Sohn bei diesem Vorhaben an meiner Seite zu wissen. Es gäbe meiner Vorfreude auf diese Auszeit zusätzlichen Treibstoff.
So, wie er sich vor zwei Jahren getraut hatte, ans andere Ende der Welt zu gehen, bin nun ich diejenige, die sich aufmachen will, wenn auch „nur“ ins europäische Ausland.
Als ich beginne, geht schon nach wenigen Sätzen ein Strahlen über sein Gesicht. Er ist begeistert, vom ersten Moment an. Von der Idee, vom Einfach-mal-machen, vom konkreten Plan nach Portugal zu gehen. Rundum. Und ich? Kriege wieder einmal das Grinsen nicht aus dem Gesicht.
Auszug aus dem 13. Kapitel
Ich bin mit dem Auto auf dem Weg zur ersten Stunde meines Portugiesisch-Kurses. „Olá Portugal“, das Portugiesisch-Lehrbuch mit seinen prall gefüllten 250 Seiten, liegt neben mir auf dem Beifahrersitz. Die junge Frau auf dem Buchtitel scheint mir aufmunternd zuzulächeln. Als wäre es ein Kinderspiel, die Sprache ihres Landes zu lernen. Ich bin mir da nicht so sicher.
Als ich eingeparkt habe, stelle ich mit einem Blick aufs Handy fest, ich habe noch eine gute halbe Stunde bis zum Unterrichtsbeginn. Es regnet wie aus Kannen. Der Scheibenwischer meines Autos hat seine liebe Not, die Wassermassen in gleichmäßigem Rhythmus von der Windschutzscheibe zu schieben. Mein ursprünglicher Plan, noch eine Runde um den Block zu laufen, fällt somit aus. Dabei hätte es gutgetan, mir noch ein bisschen die Beine zu vertreten und so das Zuviel an Strom in meinem Körper in den Asphalt unter meinen Füßen zu lenken.
...
Nächsten Freitag geht's weiter!
Ich freu mich auf euch :-)