In genau drei Wochen beginnt meine freie Zeit. Seit gestern nun ist es endlich amtlich: Meiner Einreise nach Portugal steht nichts mehr im Weg, denn für Touristen ist das Land wieder offen. Soeben habe ich binnen einer Stunde alles Notwendige gebucht: einen erstaunlich günstigen Flug nach Faro und ein Quartier für die ersten sieben Nächte in Praia de Faro, keine dreißig Meter vom Strand entfernt.
Die Vorfreude kitzelt mir ein Lächeln ins Gesicht, als ich mir im Internet Fotos der langgezogenen Lagune vor den Toren Faros anschaue. Mitte März klettern hier die Temperaturen gerne schon auf zwanzig Grad. Ein Einstieg ganz nach meinem Geschmack in meine freie Zeit: Sonne, Meer und die Füße im Sand.
Mit fällt kein Stein vom Herzen, weil ich jetzt endlich gebucht habe. Ganz einfach, weil mir kein Stein auf dem Herzen lag. Vielmehr fühlt es sich ruhig und unaufgeregt an. Es ist exakt der richtige Zeitpunkt. Das Abwarten hat sich gelohnt. Was ich jetzt ausgewählt habe, fühlt sich für mich passend an.
Obwohl es doch so ganz anders ist, als ich es vor einem halben Jahr geplant hatte: Damals gefiel mir die Idee, meine Auszeit komplett an einem Ort zu verbringen. Ich hatte wenig später sogar schon ein Ziel ins Auge gefasst: Aveiro, eine Lagunenstadt im Norden Portugals, zwischen Lissabon und Porto. Auf Airbnb suchte ich nach Wohnungen oder Zimmern zur Untermiete. Ich wusste sogar schon, wie ich Aveiro von Lissabon oder Porto aus am besten erreichen könnte. Und doch hatte ich gezögert, mit einem so langen Vorlauf alles in Stein zu meißeln. Die Lage war unsicher, und ich war es auch.
Nun erlebe ich, wie Ausnahmezeiten Pläne verändern können: Ich habe einen Flug in den Süden, ein Quartier für gerade mal eine Woche, alles andere ist offen. Vielleicht will ich umherreisen? Vielleicht entscheide ich mich doch schon nach ein, zwei Wochen, an einem Ort zu bleiben? Ich weiß es noch nicht, und ich muss es jetzt auch noch nicht wissen.
Nun, nachdem ich das Flugticket und die Adresse meiner Unterkunft in der Tasche habe, gebe ich aus einer Laune heraus „praktische Helfer für die Reise“ in die Google-Suchmaschine ein. Unglaublich, wie viele hilfreiche Tipps sich schon unter den ersten Ergebnissen finden. Reiseprofis aus aller Welt plaudern dabei teils sehr kurzweilig über ihre Erfahrungen bei Bergwanderungen oder Städtetrips, auf Kurzreisen ebenso wie auf ihren monatelangen Touren. Ich konzentriere mich auf die Empfehlungen, die fürs gängige europäische Ausland gegeben werden. Schließlich will ich weder zu Fuß die Alpen überqueren, noch in der freien Natur campen. Und selbst in Portugal ist mein Ziel nicht die Holzhütte im Nirgendwo. Ich würde also meist die notwendigste Ausstattung vor Ort finden und das, was mir fehlte, relativ problemlos nachkaufen können.
Während ich mich durch die Seiten lese, entsteht nach und nach eine kleine Liste von Dingen, die ich mir für die Reise noch besorgen will: eine dünne Daunendecke, die als Alternative zum Schlafsack empfohlen wird. Sie erscheint mir für meine Art des Reisens praktischer, weil sie nicht nur deutlich leichter und kompakter ist, sondern sich auch vielseitiger einsetzen lässt. Ein Mikrofaser-Handtuch, praktisch, weil schnell trocknend; ein kleines Handystativ; Packtaschen in unterschiedlichen Größen; eine Schlafmaske – und ja, auch eine Selfiestange. Mit letzterer tue ich mich im ersten Moment schwer. Muss das wirklich sein? Ist mir das nicht peinlich, mich mit so einem Teil, und am Ende noch vor anderen Leuten, in Szene zu setzen? Andererseits könnte dieses Utensil sich für eine Alleinreisende durchaus als hilfreich erweisen, schließlich will ich für ein Foto von mir nicht jedem beliebigen Fremden mein Handy anvertrauen. Preis und Gewicht der Selfiestange machen es mir leichter, sie einfach mit zu bestellen. Ich würde sie vor meiner Abreise testen und könnte dann immer noch entscheiden, ob ich sie einpacke.
Wenige Tage später treffen die bestellten Artikel ein. Das Auspacken fühlt sich an wie Weihnachten. Ich kuschle mich probeweise in die Daunendecke und stelle mir vor, wie ich am Meer sitze, während sie wohlig meine Schultern wärmt. Ich teste die Selfiestange und siehe da, auch sie erweist sich als gute Wahl. Die Packtaschen sind robust und in vier praktische Größen aufgeteilt. Das Mikrofaserhandtuch landet erst einmal in der Wäsche, denn der Versuch, mir daran meine Hände abzutrocknen, scheitert kläglich. Gleichwohl bin ich mit der Ausbeute meiner Bestellungen sehr zufrieden. All diese Dinge würden mich auf meiner Reise begleiten. Fast ehrfürchtig lege ich sie neben meinen Rucksack, der bislang noch immer jungfräulich in der Ecke steht. Die Pack-Phase ist eröffnet, raune ich mir feierlich zu. Endlich.
Auszug aus dem 21. Kapitel
Auf meiner Liste der noch zu erledigenden Dinge ist ein weiterer Haken dazugekommen: Ich bin jetzt für meine Reise auch krankenversichert. Dafür habe ich mich noch einmal durch Infoseiten gegraben, Kleingedrucktes und Angebote verglichen und mich für einen privaten Anbieter entschieden. Denn es ist tatsächlich so, wie es mir die freundliche Mitarbeiterin an der Krankenkassen-Hotline bereits vorsichtig angedeutet hatte: Die Krankenkassen sind für längere Auslandsaufenthalte nicht zwangsläufig die günstigeren Versorger.
Letztlich habe ich den goldenen Mittelweg gewählt: Preiswert, aber nicht billig, abgesichert, aber kein Rundum-Sorglos-Paket. Vermutlich gibt es das sowieso nicht. Auch wenn mir die Premium-Bonus-Variante jenseits der fünfhundert Euro genau das suggerieren will. Ich glaube jedoch eher an die Basisversion, gepaart mit einer Portion Glück und einem ordentlichen Schuss gesunden Menschenverstand.
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Nächsten Freitag lest Ihr das komplette Kapitel.